Treffen mit Tim dem Roboter im Deutschen Technikmuseum

ein-roboter-namens-tim-kopieMuseen bieten die Konfrontation mit den Überbleibseln von Gestern und der Großstadtwanderer liebt die Begegnungen mit ausgebuddelten Artefakten aus Ägypten, Griechenland oder Mittelamerika. Beim Besuch des Deutschen Technikmuseums in Berlin Kreuzberg wird er jedoch nicht vom Hauch der Antike erwartet, sondern von Tim dem Roboter. Der soll als digitaler Guide die Leute durch die verschlungenen Pfade der Ausstellungen lotsten. Momentan ist er aber am Schnarchen und erinnert damit ein bisschen an einen schlafenden Furby…

Roboter im Schnarchmodus

Dieser gute Junge ist natürlich was Feines für die geheimnisvolle Besucherin, deren Affinität bezüglich Technik ja allgemein bekannt ist. Sofort will sie mit Tim in Kontakt treten, was auf der verbalen Schiene aber nicht klappt. Tim schnarcht einfach weiter während sie ihn zunächst höflich und am Ende etwas gereizt um den Ausbruch von Aktivitäten bittet. Lediglich ein Touch Screen bietet ihr die Chance zur Kontaktaufnahme mit dem schnarchenden Tim. Nicht gerade eine barrierefreie Schnittstelle zwischen Maschine und Mensch, wenn Letzterer zur Gruppe der Sehbehinderten gehört und mit dem grafischen Sammelsurium auf dem Screen rein augentechnisch nicht gerade viel anfangen kann.

Roboter auf der Flucht

Doch wie üblich scheut die geheimnisvolle Besucherin kein Risiko wenn es darum geht, unwillige Technik in Gang zu bringen. Aufgrund ihres reichen Erfahrungsschatzes im Umgang mit Smartphone, Tablet und Konsorten weiß sie, das beim Berühren des Touch Screen immerhin irgend etwas passiert und das ist zweifelsohne mehr als gar nichts. Klappt auch diesmal – allerdings mit Überraschungseffekt. Denn kaum hat sie dem Sreen einen Touch verpasst schaltet Tim vom Schlnarch- in den Fluchtmodus, lässt mit männlicher Stimme ein paar Bemerkungen fallen und entkommt dann unaufhaltsam in den schier endlosen Weiten des Deutschen Technikmuseums.

Übrigens scheint Tim mit seiner unerwarteten Startgeschwindigkeit sogar Menschen mit voller Sehkraft übertölpeln zu können. Zumindest lassen Bemerkungen wie „wo ist er denn plötzlich hin“ oder „haut einfach ab der Schlingel“ diesen Schluss zu.

Gestern High Teck – heute altes Eisen

Weil Tim der Roboter sich im Affenzahn aus dem Staub gemacht hat, heißt es nun, auf eigene Faust loszuziehen um einige Highlights des Museums zu entdecken. Beispielsweise die Dauerausstellung zum Thema Netz, was ja zum Roboter passen würde. Doch der kleine Tim ist zumindest hier nicht anzutreffen.

Dafür gibt’s jede Menge Geräte und Apparate, die der Großstadtwanderer während seiner eigenen beruflichen Vergangenheit intensiv nutzen konnte. Da stehen sogar Schreibmaschinen herum, mit denen er einst Haus- und Magisterarbeiten sowie zahllose Zeitungsartikel direkt aufs Papier hämmerte. Eine Lochkartenmaschine erinnert ihn an jenes Monstrum, das er um 1980 in einem Zeitungsarchiv traktieren musste und – tatsächlich – sein erster MP3 Player, gerade mal zwanzig Jahre alt, gehört inzwischen auch schon zu den Exponaten dieser musealen Ausstellung. Vor kurzen noch modernste Hightech Produkte – heute schon wieder ausgemustert und dem ungläubigen Staunen 12jähriger Kids ausgesetzt. Für diese verbindet sich mit solchen Objekten offenbar so was Ähnliches wie angenehm gruseliges Steinzeitfeeling…

Inzwischen hat die geheimnisvolle Besucherin einige Audiomuscheln, die Infos über die Ausstellung und die einzelnen Exponate servieren sollen getestet und findet sie nicht besonders brauchbar im Sinne von Barrierefreiheit für Sehbehinderte oder Blinde. Das kann der Großstadtwanderer nur bestätigen, denn er hat trotz seiner knapp zwanzigprozentigen Sehkraft die Dinger noch gar nicht bemerkt. Sie kleben irgendwo an den Schaukästen und selbst die sogenannten voll sehenden Personen reißen sie manchmal unabsichtlich aus den Halterungen, sodass nicht unbedingt mit einer langen Lebensdauer der Muscheln zu rechnen ist.

Crash mit Hocker

Die Ausstellung selber aber ist große Klasse und der Großstadtwanderer hätte sich sehr gern noch einige Zeit lustvoll auf den Spuren seiner eigenen Vergangenheit bewegt. Damals hatten die technischen Helfer wenigstens noch Charakter und ein gewisser Reinhard Mey sang gar ein Lied über die Liebe eines sentimentalen Programmierers zu einem weiblichen Großrechner aus Chrom und Draht. Doch aktuell droht das viel zu frühe Ende der Öffnungszeit des Deutschen Technikmuseums und da bleibt nichtmal mehr Zeit für melancholisches Schwelgen denn alle müssen rasch den Rückweg unter die Sohlen nehmen…

Ganz so rasch geht’s aber nicht, weil da plötzlich wieder mal irgend Etwas im Wege steht. Dieses Etwas entpuppt sich als kleiner Hocker, dessen runde Sitzfläche durch die unabsichtliche Berührung des Großstadtwanderers urplötzlich in die Höhe schnellt und ihm einen gepolsterten Boxhieb verpasst. Tut nicht weiter weh, löst aber den seit Urmenschtagen bewährten Schreckmodus aus, durch den der Großstadtwanderer zurück springt und einen weiteren kleinen Hocker umnietet. Der schnellt jedoch nicht wieder in die Höhe, sondern rollt asymmetrisch dem Roboter entgegen, der urplötzlich um die Ecke gekommen ist und dem trudelnden Hocker geschickt ausweicht.

Tim oder Mario?

Ungerührt setzt Tim den Weg zu seinem Startpunkt fort. Dort fällt er sofort wieder leise schnarchend wie ein Furby in einen digitalen Tiefschlaf. Sicher ein nettes Spielzeug dieser Tim, meint der Großstadtwanderer – aber nicht gerade Up To Date und daher durchaus als Exponat für die Ausstellung des Technikmuseums geeignet. Längst gibt es digitale Helfer, die sehr viel weiter sind. Der Großstadtwanderer kennt da diesen vielseitigen Hotelroboter Mario – kleiner als Tim, aber viel größer im Können. Mit Mario sind verbale Gespräche in 29 Sprachen möglich und außerdem beherrscht der Kleine sogar Power Point Präsentationen.

Stellt sich die Frage, ob das nicht auch was Passendes  für die Bildungsangebote eines Museums wäre. Und wird es eines Tages nach dem Vorbild des sentimentalen Programmierers Liebesbeziehungen zwischen Mensch und Roboter geben?

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