MDR FIGARO im Konzert zum 70. Geburtstag von Neil Young

Anlässlich des 70. Geburtstags von Neil Young gibt’s auf der Kulturwelle des MDR am Montag, 9. November, ab 20.05 Uhr eine Doku über Leben und Wirken des kanadischen Rockstars.

Folk, Country und immer wieder harte Rockmusik: Young bewies über die Jahre eine große musikalische Wandlungsfähigkeit, die sich auch in der Vielzahl seiner Veröffentlichungen widerspiegelt. Über 35 Studioalben veröffentlichte der Sänger und Gitarrist seit 1968, das letzte „The Monsanto Years“ im Juni dieses Jahres. Aufhören oder verweilen kommt ihm nicht in den Sinn. Es sei besser zu verbrennen als Rost anzusetzen – das bleibt seine Devise.

Moderator Stefan Maelck führt in der Sendung „MDR FIGARO im Konzert“ zwei Stunden lang durch das Leben von Young. Er präsentiert dessen facettenreiche Musik, spielt seine größten Songs und erzählt, warum der Musiker, der übrigens Besitzer einer der größten Spielzeugeisenbahnen der Welt ist, als eine Mischung aus Bastler und Bewahrer gesehen werden kann.

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Über Sehbehinderung, Reisefieber und holprige Pfade

Der Großstadtwanderer und seine geheimnisvolle Besucherin gehören bekanntlich zu jenen Leuten, die nicht gerade über Adleraugen verfügen. Trotzdem sind die Beiden nicht übertrieben häuslich orientiert, sondern tigern lieber durch laute Städte und stille Wälder, was im familiären Umfeld bisweilen auf ein gewisses Unverständnis trifft. Und überhaupt könnten die Beiden doch wie anständige Großeltern die zehn Enkelkinder betreuen und für dieselben wärmende Socken stricken statt immerzu den Globus mit ihren Fußstapfen zu verzieren.

Mit Florian auf WanderschaftDoch gegen die Sehnsucht nach der Ferne gibt es bislang keine wissenschaftlich abgesicherte Therapie und gäbe es eine solche, würden die Beiden sich mit großer Wahrscheinlichkeit Therapie resistent verhalten. Außerdem können sie mit Stricknadeln nicht umgehen und wenn sie ein Enkelkind dabei haben, geht’s mit ihm oder ihr auch hinaus in die weite Welt.

Equipment im KinderwagenManchmal nehmen sie sogar einen Kinderwagen mit. Ein Baby liegt jedoch nicht drin. Vielmehr dient er als Transportfahrzeug für die zwei Gitarren – eine Mundharmonika und zwei kleine Verstärker. Mit Hilfe dieses grandiosen Equipments wird ab und zu etwas Reisegeld verdient.

Opulentes Mal im WaldKlar kommen da manchmal so dusselige Fragen nach dem Sinn des ewigen Unterwegsseins, wenn der visuelle Aktionsradius eine gewisse Begrenztheit akzeptieren muss. Eine gewisse Begrenztheit ist aber auch Auslöser solcher Fragen und zwar in Bezug auf die Phantasie mancher Leute mit voller Sehschärfe, deren Wahrnehmung der Welt sich überwiegend visuell austobt. Als hätten wir Menschen neben der visuellen nicht auch noch jede Menge weiterer Wahrnehmungsmöglichkeiten. Liebe Leute, die Welt sieht nicht nur irgendwie aus, sondern hört sich auch verdammt interessant an oder riecht und schmeckt verführerisch. Insbesondere das Schmecken hat es dem Großstadtwanderer schon immer angetan. Er hat auf seiner Never Ending Tour so manches opulente Mal und haufenweise köstliche Kleinigkeiten verputzt und allein dafür hat sich dieses Reiseleben gelohnt.

Aber ist es nicht auch gefährlich, mit Sehbehinderung durch die Welt zu geistern?

In der Einsamkeit des WaldesGewiss – aber war es nicht auch gefährlich, als Kolumbus lossegelte ohne zu wissen wohin? Oder als jenes merkwürdige Wesen einst vom sicheren Baum kletterte, um fortan als Savannen-, Wald- und Bergläufer auf die Reise ohne Ende zu gehen? Dagegen ist doch das Reisen mit Sehbehinderung ein eher ganz gut kalkulierbares Risiko. Natürlich gibts die eine oder andere Beule, insbesondere wenn man wie der Großstadtwanderer und seine geheimnisvolle Besucherin eher die etwas holprigen Pfade bevorzugt. Aber solche Beulen gehen auch wieder weg und vor allem sind auch jene Leute mit visueller Überkompetenz durchaus mit Beulen gesegnet. Liegt wahrscheinlich eher an den holprigen Pfaden als an der Linsenqualität.

Freude des ReisensBilder: 1 und 5 peter bachstein, 2 und 3. vera schwarz, 4 marc müller

Gitarren ziehen in Bayern oder Nashville Tennessee

Beim GitarrenziehenWährend eines winterlichen Aufenthaltes im Bayerischen Wald hatten sich ein paar Leute in einer Hütte versammelt, um bei Blutwurz und Bier mit ihrem zum Entertainer mutierten Skilehrer eine vermeintlich bodenständige Aprais Ski Party zu veranstalten. Der Skilehrer hatte eine uralte Gitarre mit gebracht und spielte was zum Mitsingen. Nach dem dritten Lied gab es wieder eine Runde Blutwurz und während dessen Flammen noch züngelten, erzählte der Skilehrer von Nashville. Die dortigen Countrymusiker würden sich dauernd zum Gitarrenziehen treffen und sowas könnten sie hier doch auch mal machen. Das Prinzip sei auch ganz einfach. Einer müsse anfangen mit dem Spielen und Jeder in der Runde könne ihm die Gitarre weg ziehen, um weiter zu klimpern. Mit diesen Worten nahm er die Gitarre wieder in die Hand und versuchte Country Roads zu spielen.

Ohrwürmer

Weil die meisten der Partygäste aus jener glorreichen Zeit stammten, als jeder zweite mindestens drei Gitarrengriffe auf Lager hatte, sorgten Nashville Story und Eigendynamik schnell für ein fröhliches Kreisen des bald völlig verstimmten Instruemntes. Countrysongs spielte zwar keiner, dafür aber das übliche Ohrwürmerrepertoire der Sechziger- und Siebzigerjahre, also Lady in Black, Blowin‘ in the Wind oder Honky Tonk Woman. Einer versuchte es auch mit House of the Rising Sun, bekam aber die gesanglichen Höhenflüge nicht hin und Born to be Wild auf der Schrammelgitarre klang auch nicht gerade nach Heavy Metal Thunder. Doch etliche Runden Blutwurz sorgten auch ohne gigantische Soundmaschine für Fire in the Sky und als der Wintermorgen in die fünfte Stunde ging, sangen alle zusammen es gibt kein Bier auf Hawaii.

Der Großstadtwanderer hatte zwar alle Blutwurzrunden fleißig und wacker mit getrunken, die Gitarre aber, trotz seiner Picking- und Slidingkenntnisse, an sich vorbei ziehen lassen. Doch die Story vom Gitarrenziehen in Nashville blieb in seinem Gedächtnis. Als er dann mal wieder eine USA Reise unternahm , schaute er auch in dieser Metropole der weltweiten Country Community vorbei.

Nashville Kick

Auf den ersten Blick konnte er Nashville jedoch nicht als Prototyp einer schönen Ecke einstufen. Die berühmte Stadt in Tennessee machte einen betont nüchternen und zweckmäßigen Eindruck und bestand hauptsächlich aus breiten Straßen und großen Parkplätzen. Musiker rannten auch keine rum und alle Fußgänger schienen Rucksack tragende Touristen gleich ihm zu sein.  In den Coffee Shops wusste keiner was vom Gitarrenziehen und in die berühmten Studios kam man nicht rein, weil freundlich grinsende Rausschmeißer im Weg standen. Auch der Besuch bei Gibson war ein Flop. Da gab es zwar keine Rausschneißer, doch die nette Frau am Empfang erklärte nach kurzer telefonischer Rückfrage, dass bei Gibson Gitarren nicht gezogen, sondern traditionell produziert würden.

Selbst Angehörige allwissender Berufe wie Taxifahrer und Polizisten konnten dem etwas enttäuschten Großstadtwanderer keine Auskunft übers Gitarrenziehen geben und er kam allmählich zu dem Schluss, dass es sich um ein geheimes Ritual besonders eingeweihter Musiker handeln müsste.  Oder war es nur eine Erfindung des Skilehrers im Bayerischen Wald gewesen – quasi als Warming Up, um die anderen Leute zum Mitmachen anzuregen? Hatte er vielleicht befürchtet, ohne den Drive der Nashville Story sein drei Stücke Repertoire plus Country Roads Versuch noch ein paar Stunden weiter spielen müssen? Doch diese Sorge hätte er nicht haben müssen – denn überall, wo ein paar Leute mit einer einzigen Gitarre zusammen hocken, ergibt sich das Gitarrenziehen irgendwann von ganz allein – auch ohne Nashville Kick. Wie neulich in dieser Neuköllner Musikerkneipe.

Aber das ist eine ganz andere Geschichte….     

Gitarrenpicking