Diesmal sind der Großstadtwanderer und die geheimnisvolle Besucherin in den Bergen unterwegs und das Ziel ihrer Tour liegt ganz weit oben. Nein, es geht nicht auf den Mount Everest, auch nicht aufs Matterhorn und noch nicht mal zum Gipfel der Zugspitze, sondern nur in ein winziges Dorf im Oberallgäu.
Stairway to Heaven
Das Dorf heißt Oberjoch, liegt etwa 1200 Meter über Normal Null und ist damit das höchste in Deutschland. Das wissen die beiden unermüdlichen Wanderer natürlich als sie sich von Bad Hindelang aus auf den Weg machen, der kurvenreich in den weiß blauen Allgäuer Himmel zu führen scheint. Unterwegs kommen sie hin und wieder auf den Gedanken, dass sie den Rat eines Ortskundigen, doch besser den Bus zu nehmen, vielleicht doch hätten befolgen sollen. Andererseits bieten sich immer wieder faszinierende Ausblicke in bodenlose Tiefen und auf das lockende Panorama der schroffen Berge. Ist zwischen Hölle und Paradies schon eine Art Himmelsritt und der alte Led Zeppelin Song „Stairway to Heaven“ wäre bei dieser Tour eine durchaus passende Begleitmusik.
Als sie dann das vom satten Grün der Almwiesen umgebene Dorf erreichen werden sie in dessen Zentrum von einer gelben Kuh empfangen, die sich aber nicht melken lässt. Gibt es eben keine Milch, sondern ein schönes kühles Bierchen..
Weiter Wandern ist jetzt natürlich nicht mehr drin, denn das Felsmassiv des Iseler Berges zeigt bereits sein magisches Alpenglühen.Selbst die Wälder scheinen zu leuchten…
Mittagseinkehr in der Hirschalpenhütte
„Im Frühtau zu Berge“ heißt es ja so schön in einem alten Gassenhauer aus der Wandervogelzeit und bezogen auf eine Bergtour kann das durchaus als Anregung dienen – insbesondere wenn sich auch der Allgäuer Sommer als schweißtreibende Jahreszeit outet. Der Frühtau ist allerdings schon verdampft, als sich der Großstadtwanderer und die geheimnisvolle Besucherin über den Panoramaweg auf die Socken machen. Bisschen spät also für eine echte Gipfelstürmerei. Aber die Hirschalpenhütte ist doch als Ziel des ersten Tages auch ganz nett. Als sie diese erreichen, krähen im Tale zwar keine Hähne mehr, dafür aber fangen die Mittagsglocken gerade mit dem bimmeln an.
Ein Gipfelerlebnis ist es allemal, auch wenn die Hütte nur auf etwa 1400 Metern steht. Aber der Blick in die Runde ist umwerfend und das Weißbier schmeckt mal wieder wie ein Getränk genusssüchtiger Götter. Nur dass der Großstadtwanderer dazu immer diesen Kaiserschmarren essen muss, findet die nette Besucherin etwas irritierend. Sie verhält sich in dieser Hinsicht eher konventionell – auch wenn der Großstadtwanderer ihr weis machen will, das Weißbier und Kaiserschmarren eine besonders traditionsbewusste Kombination darstellen.
Auf zum Iseler – zu Fuß oder mit der Seilbahn
Nein, die Beiden sind natürlich nicht auf der Hirschalpenhütte geblieben, sondern wieder hinabgestiegen ins höchste Dorf Deutschlands. Aber sie haben längst nicht genug von der Gegend um Oberjoch und sind daher bereits am nächsten Morgen wieder aufgebrochen, um dem dem Iseler als regionalem König der hiesigen Gipfel ihre Aufwartung zu machen Mit 1876 Metern ist er zwar nicht unbedingt ein hochalpiner Superlativ, bietet aber mit seinem SALEWA Klettersteig einen erschlossenen und eindrucksvollen Weg zum Gipfel. Eine Tour über diesen Klettersteig sollte aber nicht mit einem Sonntagsspaziergang verwechselt werden. Eine ordentliche Kletterausrüstung ist auf jeden Fall nötig und die Hilfe eines ortskundigen Bergführers keineswegs überflüssig.
Wer besonders genusssüchtig ist, kann natürlich im Old School Style von Oberjoch aus losgehen, über die Almen wandern und danach den felsigen Gipfel erklimmen. So wäre ein echtes Urerlebnis des Bergsteigens möglich und eine solche Haltung ist auch durchaus legitim. Manche Bergfreunde, die nicht nur klettern, sondern die gesamte Natur des Berges erkunden wollen, werden wie der Großstadtwanderer und die geheimnisvolle Besucherin solche Strapazen gern in Kauf nehmen. Notwendig ist das allerdings nicht, denn es gibt schon lange die Iseler Sesselbahn, die am Rande des Dorfes losgeht und die Bergsteiger bis in die Nähe der Iseler Platz Hütte bringt. Da gibt es übrigens sowohl für Bahnfahrer wie für Fußgänger die Möglichkeit, sich vor dem Anstieg noch eine kleine Stärkung zu genehmigen. Aber Vorsicht, ein allzu voller Bauch könnte beim Klettern im Wege sein.
Wandern zwischen Berg und Tal
Der SALEWA Steig ist also nichts für reine Bergwanderer. Diesen steht ein zwar schmaler und teilweise stufiger, aber trotzdem ohne Klettergurt und Seil begehbarer Weg zum Iseler Gipfel zur Verfügung. Überhaupt ist die Umgebung Oberjochs ein hervorragendes Revier für Leute, die gern in den Bergen wandern, ohne gleich riskante Kletterabenteur absolvieren zu wollen. Da gibt es wunderschöne Wege im Bereich der Almen, die immer wieder aufs Neue unerwartete und atemberaubende Ausblicke auf andere Berge und ins Tal eröffnen.
Sicher geht es häufig steil in die Höhe und daher ist eine gewisse Sportlichkeit und Kondition von Nöten. Manchmal schlängeln sich die Pfade auch am Rande steiler Abhänge entlang und die Wanderer sollten diese Stellen keineswegs unachtsam passieren. Doch mit genügend Umsicht und Durchhaltevermögen sind Plätze wie die Iseler Platzhütte, Witaghütte oder die Hütte auf der Hirschalpe gut erreichbar. Diese liegen im Höhenbereicßh zwischen 1400 und 1600 Metern und belohnen den Wanderer mit schmackhafter Biokost und vor allem einem kühlen Weißbier für die Mühen des Anstiegs.
Und noch ein Schmankerl
Nun ist es ja schon was ganz besonderes, das höchste deutsche Dorf am Ende der kurvenreichsten Straße des Landes zu sein. Doch Oberjoch hat noch ein weiteres Schmankerl dieser Art zu bieten, das vor allem an besonders heißen Tagen sogar Bergenthusiasten wie den Großstadtwanderer und die geheimnisvolle Besucherin mal vom Gipfelsturm abhalten kann. Selbstverständlich handelt es sich dabei um ein Bad – jedoch keineswegs im Stile der aktuellen Wellness- und Spaßkultur. Vielmehr werden die Beiden von einem geradezu altmodisches Freibad erwartet, das mitten in einem Hochmoor angesiedelt ist und dessen Becken mit entsprechendem Wasser gefüllt sind. Etwas kühler als in den beheizten Bädern ist das Wasser schon. Doch seine erfrischende und wohltuende Wirkung kann ganz ohne Eintrittskarte genossen werden, wobei eine kleine Spende für den Erhalt des Bades und die Pflege des Biotops willkommen und sinnvoll ist. Ein solches Biotop plus Bad und dazu noch in dieser Höhenlage sind in Deutschland übrigens kein zweites Mal anzutreffen.
Nun wäre das allein schon einen Besuch wert. Doch zu allem Überfluss gibt es am Rande von Bad und Moor noch die Moorhütte, deren kulinarische Angebote keineswegs aus der Tiefkühltruhe eines Supermrktes, sondern aus eigener Produktion inklusive eigener Jagd stammen. Hier kommt der Kuchen noch frisch vom Blech und die Schnitzel direkt aus der Pfanne und nicht aus der Mikrowelle. So ist es völlig verständlich, dass es sich bei den Gästen des Lokals nicht nur um Badbesucher und hungrige Bergwanderer handelt, sondern zum großen Teil auch um Leute aus der Umgebung, die hier her kommen, weil das Essen so gut schmeckt. Auch unsere beiden Protagonisten haben es sich nicht nehmen lassen, dem Bad und der Hütte mal einen ganzen unvergesslichen Tag zu widmen.
Unterkünfte in Oberjoch
Ist selbstverständlich Geschmacksache, wo sowohl das müde Haupt wie der ermattete Rest gebettet werden sollen. Auch Oberjoch bietet hier einiges an Auswahl., Der Großstadtwanderer und die geheimnisvolle Besucherin wollen nun keine Gesamtbewertung der Oberjocher Unterkünfte abgeben, denn sie haben keineswegs alle beschnarcht. Daher werden sie lediglich drei Beispiele nennen.
Als die beiden zum ersten Mal in Oberjoch waren, stand ihr gemütliches Bettchen im Haus Epple. Die Wirtin kennt selbst die Berge sehr gut, gibt bereitwillig sinnvolle Tipps für Touren und Ausrüstung und serviert ein reichhaltiges klassisches Frühstück.
Direkt unter dem Haus Epple steht das dreigestirnte Hotel Hochpasshaus. Ein angenehmes Haus mit bester regionaler und internationaler Küche. Biker finden hier Garagen und Reparaturmöglichkeiten für ihre geliebten Feuerstühle. Den kommenden Winter bewirbt das Hotel im Zusammenhang mit drei neuen Sesselbahnen für die Skifahrer.
Wer mit der ganzen Familie nach Oberjoch fährt, ist bestens untergebracht im Kinderhotel. Natürlich müssen Eltern oder Großeltern akzeptieren, dass hier die Kinder die Hauptpersonen sind. Es gibt umfassende Betreuungs- und Animationsprogramme für die Kleinen oder Halbkleinen, was den Erwachsenen natürlich die Zeit einräumt, ihre Bergtouren zu absolvieren.
Bilder: 1 und zwei Vera Schwarz, 3 bis 8 Peter Bachstein