Zugegeben, es war für uns – diesmal in der Oma und Opa Rolle – eine echte Faulenzuerreise und damit als Erfahrung eher ungewohnt. Für einen unserer zahlreichen Enkel sollte es so was wie die Zuckertüte in den ersten Ferien nach dem Schuleingang sein – und es wurde die Reise seines bisherigen Lebens.
Hotel mit Kinderanimation
Nun mag sich Zuckertütenurlaub nach Fernreise an irgendeinen märchenhaften Traumstrand anhören. An so was Ähnliches hatten wir anfangs auch gedacht – doch schließlich entschieden wir uns für eine Reise nach Wurzbach. Das winzige thüringische Städtchen liegt malerisch am Nordhang des Frankenwaldes und ist Etappenort für Rennsteig Wanderungen.
Entsprechend dieser Lage gibt es dort natürlich auch ein „Hotel am Rennsteig“, das zur Familotel Kooperative gehört. Hier steht Urlaub mit Kind im Mittelpunkt und die Kleinen sind quasi die VIPs, wobei die begleitenden Eltern oder Großeltern nicht unbedingt in der Statistenrolle verharren müssen. Im Gegenteil – sie haben viel Zeit, um auch auf eigene Faust etwas zu unternehmen. Für die Kinder gibt es ein vielseitiges und spannendes Spiel- und Animationsprogramm, das vom Nachwuchs auch mit Begeisterung angenommen wird.
Enkel aus den Augen verloren
Als reisefreudiges Gespann waren wir natürlich nicht zum ersten Mal mit diesem Enkel verreist. Bislang hatten wir als Unterkunft aber immer Ferienwohnungen gewählt. Mit einem solchen Hotelaufenthalt betraten wir daher Neuland und es stellte sich schon die Frage, wie das mit dem Enkel klappen würde. Natürlich weiß er, dass diese unternehmungslustigen Großeltern sehbehindert sind und er konnte sich bislang auf allen Wegen auch problemlos darauf einstellen. Doch in diesem nicht gerade kleinen Hotel mit den zahlreichen Gästen, wo die Kinder sich auch relativ frei bewegen konnten, gab es durchaus die leise Befürchtung, dass wir den Kleinen eventuell aus dem Blick unserer nicht allzu weit reichenden Augen verlieren könnten.
Kurz gesagt, genau das passierte auch ab und zu. Aber das war im Wurzbacher Hotel am Rennsteig nicht weiter tragisch, denn das Personal war über unsere Sehbehinderung informiert und sorgte freundlich und unaufgeregt dafür, dass Enkel und Großeltern sich immer wieder fanden. Auch die anderen Begleitpersonen informierten uns gefragt wie ungefragt über den jeweiligen Aufenthaltsort unseres Enkels und selbiger kam zwischendurch auch ab und zu mal vorbei, weil er beispielsweise ein Eis essen oder mit uns ins Schwimmbad gehen wollte.

Es herrschte ganz allgemein eine freundliche Atmosphäre und sowohl Personal wie die anderen Gäste verhielten sich den Kindern gegenüber aufmerksam und hilfsbereit. Diese Hilfsbereitschaft zeigte sich auch im Miteinander der Gäste und so kamen auch wir in deren Genuss, wenn wir rein sehtechnisch von der Vielfalt auf dem Buffet etwas überfordert waren.
Unser Enkel war übrigens umfassend begeistert, erzählt überall von dem tollen Urlaub und ist entschlossen, bald wieder nach Wurzbach ins Hotel am Rennsteig zu fahren. Wir als sehbehindertes Großelternpaar können aufgrund dieser Erfahrung allen ähnlich Betroffenen empfehlen, solchen Urlaub mit Kind ebenfalls zu probieren. Er ist ein Gewinn für Kinder wie Erwachsene und Seheinschränkungen sind mit Sicherheit kein Grund, darauf zu verzichten.

Sehbehinderung und Barrierefreiheit
Sicher kommt es auch hier darauf an, das richtige Hotel zu finden. Dabei lohnt es sich durchaus, die 54 rechtlich eigenständigen Häuser unter dem Dach der Familotels in die engere Wahl zu nehmen. Die angeschlossenen Betriebe sind den hohen Leistungs- und Qualitätsanforderungen der Kooperation verpflichtet, deren Einhaltung durch direkte Besuche der Kontrolleure überprüft werden. Zusätzlich zu der Sterne Kategorisierung des Deutschen Hotel- und Gaststätten Verbandes gibt es übrigens noch eine interne Kategorisierung, dargestellt mit Kronen.
Nun sind die Familotels wie gesagt rechtlich unabhängige Betriebe Daher ist das Thema Barrierefreiheit auch nicht einheitlich geregelt. Das hier beschriebene Hotel am Rennsteig beispielsweise betrachtet laut Auskunft sich selbst nicht umfassend als barrierefrei, weil von den gut hundert Zimmern nur ein paar Rollstuhl gerecht sind. Hier zeigt sich allerdings wieder, dass Barrierefreiheit überwiegend auf den Rollstuhl fokussiert gedacht wird. Daher wurde der Hinweis auf unsere Sehbehinderung gar nicht in diesem Zusammenhang gesehen.
Übrigens sprechen unsere Erfahrungen ganz allgemein dafür, auch beim Reisen offensiv mit dem Thema Sehbehindrung umzugehen und das am besten schon beim Buchen der Unterkunft zu erwähnen. Wir haben bisher kein Hotel erlebt, dass urplötzlich kein Zimmer mehr frei hatte.
Fotos: 1. peter bachstein, 2: vera schwarz