Auf der dänischen Seite der Flensburger Förde zieht sich zwischen Skovby und Padborg ein geschichtsträchtiger Wanderweg entlang. Er trägt die offizielle Bezeichnung „Gendarmstien“ und erinnert an jene Zeiten, als es noch keine EU mit Schengenraum gab und die Schmuggler ihren grenzüberschreitenden Geschäften nachgingen. Daher wird diese 84 Kilometer lange Route von Wanderern auch gern „Schmugglerpfad“ genannt. Wir haben ihn während unseres Aufenthaltes an der Flensburger Förde im August 2022 mal unter die Hufe genommen…
Dänisch entspannt wandern
Es ist eine eher gemütliche fünftägige Wanderung, die in Skovby auf der Insel Als beginnt. Schon bald nach dem Aufbruch bekommt man den Eindruck, dass der Job der Gendarmen, die hier zwischen 1920 und 1958 unterwegs waren, kein besonders anstrengender gewesen sein muss. Da sind kaum Steigungen zu überwinden und von einer undurchdringlichen Wildnis kann auch kaum die Rede sein. Dafür fällt der Blick immer wieder auf das Wasser der Flensburger Förde und bisweilen kommt man sich gar wie ein Strandläufer vor. Dieses „hyggelige“ – also dänisch entspannte – Feeling bleibt auf dem gesamten Weg bestehen und man stellt sich glatt eine lockere Schmugglerjagd im Spaziergängermodus vor.

Knast im Schlossformat
Die erste Etappe auf dem Weg gen Westen endet in Sønderborg. Das dortige Schloss hatte zwar mit der Schmuggelei kaum etwas zu tun, wurde dafür aber zeitweise als Komfortknast verwendet. Einsitzender Gefangener war zwischen 1531 und 1549 ein gewisser Christian II, seines Zeichens abgesetzter König. Für zahlreiche Touristen der wichtigste Grund für einen Besuch der kleinen Stadt an der Förde. Andere fühlen sich von den schmucken Jugendstilhäusern angezogen oder dem beschaulichen Jachthafen.
Düppeler Mühle
Im weiteren Verlauf berührt der Weg auch die Düppeler Mühle. Das dortige Museum befasst sich mit jenem Krieg, den Preußen vor 160 Jahren gegen Dänemark führte um gesamt Schleswig zu erobern. Die endgültige Teilung Schleswigs in einen nördlichen dänischen Teil und einen südlichen deutschen Teil erfolge in Zuge einer Volksabstimmung im Jahre 1920. Dadurch ergab sich der Verlauf des Gendarmstien, wie wir ihn heute als europäischen Fernwanderweg mit Premium Zertifikat kennen.
Annies Kiosk
Auf einer Wanderung muss auch mal eine Pause eingelegt werden um etwas für das leibliche Wohl zu tun. Dazu bieten sich am Gendarmstien zahlreiche Möglichkeiten. Eine ganz besondere Station ist Annies Kiosk in Sønderhav. Hier gibt es einen weltberühmten Hotdog und dazu die beliebte Aussicht auf die beiden Ochseninseln in der Förde. Der heutige Kiosk trägt zwar noch Annies Namen. Doch nach dem Tod der berühmten Wirtin wurde der alte Kiosk abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Erinnerungsträchtig ist der Ort dennoch – allein schon wegen der traditionellen Bikertreffen, die auch heute noch stattfinden. Aber nicht etwa geplant an feststehenden Terminen, sondern praktisch immer, wenn das Wetter es erlaubt. In früheren Zeiten wurden vom Kiosk aus auch die Ochseninseln besucht. Das ist aber nur noch Geschichte, denn seit die Inseln nicht mehr bewirtschaftet werden, existiert auch die Fährverbindung nicht mehr.
Im Wald von Kollund
Dann gibt es doch noch eine etwas wildere Landschaft im Kollunder Wald. Dabei handelt es sich um einen etwa 130 Hektar großen Forst in einer hügeligen Landschaft. Hier sind sogar unerwartet steile Hänge zu finden, die jedoch keine besondere Höhe erreichen. Der Wald mit seinem gut ausgebauten Wegenetz reicht bis an Strand der Förde. Nun gilt der Kollunder Wald in Dänemark als einzigartig. Ein Urwald ist er jedoch keineswegs. Ganz im Gegenteil: Mitte des 19.Jahrhunderts war er fast vollständig gerodet. Erst ein langjähriges Aufforstungsprogramm, an dem auch die Stadt Flensburg beteiligt war, ließ allmählich den Wald in seiner jetzigen Form heran wachsen. Inzwischen ist er weitgehend sich selbst überlassen und verbreitet deswegen ein durchaus urwüchsiges Feeling.
Grenzübergang im Kleinformat
Die komplette Tour endet in Padborg. Wanderer, die nach Flensburg hinüber wollen, verlassen den Gendarmstien aber häufig etwas früher Richtung Schusterkate, dänisch Skomagerhus. Dort befindet sich der kleinste Grenzübergang Europas und außerdem die einzige Brücke zwischen Dänemark und Deutschland. Sie ermöglicht das Überqueren des Flüsschens Krusau, der hier direkt in die Förde mündet. Auf beiden Seiten der hölzernen Brücke gibt es jeweils ein kleines Häuschen, das in früheren Zeiten den Grenzern als Aufenthaltsort diente. Heute kontrolliert hier normalerweise niemand mehr die Wanderer und Radfahrer, die in beiden Richtung unterwegs sind. Für Autos ist der Übergang jedoch nicht gedacht.
Nach Überqueren dieser kaum noch wahrnehmbaren Grenze kann auf der deutschen Seite die Wanderung fortgesetzt werden und zwar auf dem Fördesteig. Der verläuft auf der Südseite der Förde von Flensburg über Glücksburg und Holnis bis nach Falshöft am Ende der Außenförde. Weiterwandern bis Kappeln ist auch möglich. Das liegt dann aber schon außerhalb der Außenförde direkt an der offenen Ostsee.
Wanderzeichen und altes Kommunikationssystem
Doch ehe wir den Gendarmstien verlassen, sollen noch zwei wichtige Hinweise erfolgen. Zum einen geht es um das Wanderzeichen in Form eines Piktogramms, das einen wandernden Gendarmen in blauer Uniform zeigt. Des weiteren geht es um ein ganz besonderes traditionelles Kommunikationssystem mit der Bezeichnung Erdtelefon. Damit verständigten sich einst die dänischen und deutschen Grenzer. Es besteht aus einem Trichter, der mit einem Metallrohr verbunden ist, das unterirdisch zur Gegenseite führt. Dort steht auch ein Trichter. Die letzte dieser Anlagen ist in Rønsdam zu finden.
Ferienhaus überm Segelhafen
Nach Ende der Gendarmstien Wanderung geht es für uns nicht gleich auf die nächste Tour, sondern erst mal in unser gemütliches Ferienhäuschen. Das befindet etwa einen Kilometer entfernt vom Flensburger Strand Solitüde oberhalb eines kleinen Segelhafens. Ein sehr angenehmer Platz…