Wie wäre es, einen ganz alltäglichen Weg zu gehen, ohne ihn zu sehen? Wie gelingt es stattdessen, sich an Geräuschen zu orientieren? Wie komme ich sicher über die Straße? Wie klingt der Weg über den Markt? Wie finde ich die Bustür? Für blinde Menschen ist das Alltag – sehende Menschen können sich das nur schwer vorstellen. Nun steht mit „Blind zum Bus“ ein neues Online Spiel zur Verfügung, mit dessen Hilfe sehende Menschen mal probieren können, wie die Orientierung in einer Welt ohne Bilder funktioniert.
Hö ren statt sehen: Akustisch navigieren
Das neue Online-Spiel der Woche des Sehens „Blind zum Bus“ lädt dazu ein, mal ohne die Hilfe der Augen auszuprobieren, den Weg zum Bus zu finden. Auf diesem imaginären Gang von der Haustür bis zur Bushaltestelle bleibt der Weg unsichtbar. Man bewegt sich allein anhand akustischer Signale. Zur Orientierung dienen dabei also nur die Geräusche des Blindenstocks auf dem Pflaster und die Geräuschkulisse der Straße. Zudem gibt es Tipps von einer blinden Freundin, die den Spielenden begleitet.
Der Weg zum Bus führt über fünf Level mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad. Für sehende Menschen ungewohnt, bleibt der Bildschirm bei „Blind zum Bus“ weitgehend schwarz. Der Fokus liegt auf dem, was zu hören ist. Am besten spielt man das Spiel mit Kopfhörer, um besser wahrzunehmen, aus welcher Richtung jeweils die akustischen Signale kommen. Nach jedem Level werden den Spielenden die Zahl der Versuche und die benötigte Zeit angezeigt. Zudem erhalten sie eine grafische Darstellung des zurückgelegten Weges. Wer mag, probiert es noch einmal, den Weg schneller zu schaffen. Doch Vorsicht: Der Ausgangspunkt verändert sich mit jedem Spielstart.
Mit „Blind zum Bus“ veröffentlicht die Woche des Sehens ihr zweites Online-Spiel. Während das erste, „Zug in Sicht“, drei verschiedene Sehbehinderungen simuliert, möchte das neue Spiel einen Eindruck vermitteln, wie sich vollblinde Menschen orientieren. Beide Games stehen ab sofort auf www.woche-des-sehens.de/spiel zur Verfügung und können direkt im Browser gespielt werden, „Zug in Sicht“ auch auf Mobilgeräten. Die Mobilversion für „Blind zum Bus“ folgt.
Weitere digitale Angebote
2021 legt die Woche des Sehens einen Schwerpunkt auf digitale Formate. Daher hat sie ihr Online-Angebot pünktlich zur Kampagnenwoche erweitert. Es umfasst neben den beiden Online-Spielen unter anderem eine neu erstellte digitale Version des beliebten Schulmaterials, ein virtuelles Auge, das bei Vorträgen zum Einsatz kommen kann, Mustervorträge und Filme. Zu finden sind die Tools unter www.woche-des-sehens.de/digital. Die Woche des Sehens dauert noch bis zum 15. Oktober.
Bei mir wäre schon das Spiel „blind in der Wohnung“ vollkommen spannend. Da ich ja nicht räumlich hören kann, würde ich bestimmt immer immer falsch gehen. Wenn bei mir mal die Augen ausfallen würden, dann wäre das eine totale Katastrophe.
Liebe Grüße zu dir, Peter
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das problem gibt es tatsächlich. in unserer patientenorganisation pro retina gibt es auch menschen, die am sog. usher syndrom leiden. d.h. es sind sowohl die augen wie das gehör betroffen. in der perspektive können sie sowohl gehörlos wie auch blind werden. es ist dann orientierung dann nur noch per tastsinn möglich. erstaunlicherweise bringen die leute das mit der navigation. es gibt sogar einen betroffenen, der den jakobsweg gegangen ist. natürlich mit begleitung. aber auch bei diesen betroffenen ist der anspruch vorhanden, möglichst viel selbständig machen zu können. ich muss dann immer sagen, dass einer wie ich, der noch etwa 17 prozent sehfähigkeit besitzt, noch ganz gut dran ist. ich sehe wenigstens am ende, wo ich gerade gegen renne.
ich wünsche dir einen schönen tag, liebe clara
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Dein vorletzter Satz ist absolut spitze, lieber Peter. Aber lernt man sowas noch im hohen Alter?
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nun, was mich betrifft, brauchte ich das sehbehinderte navigieren nicht erst im zarten alter von 72 jahren lernen – ich bin von geburt an sehbehindert, hab anfangs garnichts gesehen. doch gerade in unserer patientenorganisation, wo menschen mit netzhautprblemen versammelt sind, findest du viele im seniorenalter, die das lernen mussten und auch lernen. netzhauterkrankungen ergeben sich ja häufig erst im laufe des lebens – z. b. amd (altersabhängige makula degeneration). auch meine kleine vera musste im laufe des lebens den allmählichen verlust des sehens hinnehmen. sie ist – jetzt wo sie weit weniger sieht als ivch – noch immer gut unterwegs einschließlich wandern und ski fahren. geht alles – ein bisschen zuversicht ist dabei hilfreich. ich kann allen menschen nur empfeheln, auch in solchen situationen dem leben zugewandt zu bleiben. sicher hilft es, in einer organisation wie der unseren mit guten leuten vernetzt zu sein und sich mit dem thema behinderung auch sozial, politisch und wissenschaftlich zu befassen.
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Hallo Peter, bin jetzt erst auf Deinen interessanten Artikel gestoßen. Ich bin selber blind, von Geburt an. Ich kann wenigstens noch hell und dunkel (Tag und Nacht) unterscheiden.
Ich bin mit Blindenstock unterwegs, zumindest erstmal kleine Wege in der näheren Umgebung, wo wir wohnen. Jetzt im Winter bei Schnee bin ich allerdings so gut wie gar nicht alleine mit Stock unterwegs.
Meine Oma wiederum ist im Alter, durch Diabetes erblindet und war dann ganz verzweifelt. Ich habe sie geliebt, wie meine eigene Mutter und habe ihr angeboten, vielleicht noch etwas Blindenschrift zu lernen, aber sie war da nicht mehr offen dafür, neues zu lernen. Sie tat mir leid, weil sie so in ihrer Verzweiflung gefangen war.
viele Grüße sendet
Jacqueline
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