Berlin ist eine Stadt des Weines – das weiß doch jeder. Schließlich gibt es jede Menge Weinlokale in der Stadt zwischen Spree und Havel und wahrscheinlich Millionen Weintrinker. Sogar Weinstöcke gedeihen auf den Böden Berlins – gepflegt von echten Winzern…
Erinnerungen an Luzie Leydicke
Der Großstadtwanderer muss in Zusammenhang mit Wein in Berlin immer wieder an jene fernen Tage denken, als Luzie Leydicke noch lebte und sich vor ihrem Lokal in der Schöneberger Mannsteinstraße die akademische Jugend zum fröhlichen Wein trinken oder gar Wein schnorren einfand. Da wurde dann allerdings nicht nur edler Riesling, sondern häufiger der berühmte oder auch berüchtigte Stachelbeerwein namens Stachus gebechert. Manchmal war es auch ein undefinierbares Gemisch, was eben beim Schnorren so zusammen gekippt wird, wobei hin und wieder auch ein Schlückchen Riesling dabei gewesen sein kann. Des Großstadtwanderers Erinnerungen sind diesbezüglich jedoch ein wenig eingetrübt, denn er war damals im wahren Sinne des Wortes voll mit dabei – nicht immer, aber immer wieder…
Pichelsdorfer Riesling war weltberühmt
Doch die Weinkultur Berlins erschöpft sich keineswegs in Erinnerungen an die unvergessene Luzie und den Besuch aktueller Weinlokale in Berlin, um edle Tropfen aus ferneren Regionen zu genießen. Nein, die Stadt der tausend Kneipen hat auf ihren sandigen Böden eigene Gewächse hervorgebracht und nicht erst heute oder gestern, sondern bereits in jenen Zeiten, als die mehr in Richtung Bier orientierten Askanier hier noch ihr Unwesen trieben.
Das soll nun keine Kritik an den lieben Freunden der Gersten- oder Weizensäfte sein, denn selbige können ebenfalls sehr edel schmecken und Weintrinker neigen oftmals dazu, zum Abschluss einer feuchtfröhlichen Runde noch ein Bierchen hinterher zu kippen. Es ist also gut, dass es beides gibt und im Berliner Raum war das lange gewährleistet. Denn während Bernau im Dunstkreis der Askanier zur berühmten Bierstadt wurde, wuchs im Raum Pichelsdorf der edle Riesling seiner Reife entgegen. Angeblich soll der Rat der damals natürlich noch nicht zu Berlin gehörenden Stadt Spandau den Pichelsdorfer Weinanbau angeregt haben. Beliebt war er jedenfalls – insbesondere in den Regionen des Nordens und die Nachfahren der Wikinger sollen passionierte Fans des Pichelsdorfer Rieslings gewesen sein.
Doch warum gibt es dieses edle Getränk heute nicht mehr?
Das ist eine traurige Geschichte und hat was mit den gesellschaftlichen Strukturen zu tun, die im ländlichen Preußen auch im 18. Jahrhundert noch stark ans Mittelalter erinnerten. Damals hatten also die feudalen Grundherren noch das Sagen und was die sagten, hatten die Leibeigenen gefälligst zu tun. So wurden die Leibeigenen zunächst zum Weinanbau verdonnert und als die Grundherren oder der Spandauer Rat den Geschmack daran verloren hatten, mussten die Leibeigenen eben Gerste und Weizen sähen. Damit war der Weinanbau in Berlin aber noch nicht erledigt, denn es gab u. a. auch an der Barnimer Kante entsprechende Betriebe. Die verschwanden dann im Zuge des Klimawandels, der ein bisschen Eiszeit Feeling hervor brachte. Angeblich soll um 1800 der letzte Berliner Weinstock verschwunden sein.
Offizielles Weinanbaugebiet
Doch inzwischen gibt es sie wieder, die edlen Reben, die auf den sandigen Berliner Böden gedeihen. Jeder Spaziergänger kann die entsprechenden Stöcke am Kreuzberg bewundern und wer sich ins ferne Britz hinaus wagt, kann dort den Phönix Gold oder den Solaris wachsen sehen. Genau, das ist ein Teil des Berliner Stadtbezirks Neukölln, der übrigens seit einem Jahr zu den offiziellen Weinanbaugebieten Deutschlands gehört. Ist alles nicht so romantisch wie an Rhein oder Mosel und das Britzer Weingut liegt auch nicht an der Spree oder einem der vielen Berliner Kanäle sondern mitten in einem Areal von Kleingärten. Wer aber im Zuge einer Reise nach Berlin nicht nur Highlights gucken sondern auch mal was Echtes aus der Stadt genießen will, wird den Weg nach Britz keineswegs bereuen. Vielleicht findet ja gerade eines der beliebten Britzer Weinfeste statt…
Das wusste ich nicht. Aber ich finde es klasse! Danke für den Beitrag Peter.
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danke sigrid. übrigens gibts neben dem berliner wein auch hervorragenden berliner honig. die bienen der hauptstadt sind besonders fleißig. vielleicht schreib ich mal was darüber.
beste grüße
peter
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