Diese Spaziergänge in Dresden haben zunächst immer Ähnlichkeit mit einer Shoppingtour, denn die geheimnisvolle Besucherin kennt zwischen Prager Straße und Altmarktgalerie einige Läden, die sie unbedingt heimsuchen möchte. Der erste ist nur wenige Meter vom Hauptbahnhof entfernt und präsentiert tief im Keller jede Menge Spielzeug. Gewiss ist die geheimnisvolle Besucherin aus dem Alter schon ein bisschen raus und meistens kauft sie ja auch gar nichts. Nur die Leidenschaft am endlosen Stöbern führt sie regelmäßig in die Katakomben zwischen Puppen, Puzzle und Playmobil.
Wenn sie hier nach einer guten Stunde ausgestöbert hat, bläst sie sofort zum Aufbruch Richtung Altmarktgalerie. Dort will sie in dem Laden, der den Namen eines bekannten Obstes trägt, neue Smartphones und Tablets besichtigen und eventuell mit anderen Nerds einen kleinen technischen Tratsch veranstalten. Weil der Großstadtwanderer die Tatsache seiner diesbezüglichen Unkenntnis verschleiern will, trommelt er dann immer ziellos auf den zahlreichen Touch Screems herum bis die blöden Geräte nicht mehr mitspielen wollen. Selbstverständlich eilt dann die geheimnisvolle Besucherin hilfreich herbei, wischt ein paar Mal über die Schirme und schon zeigen sich die vom Großstadtwanderer blockierten Tabs und Phones wieder aktionsbereit.
Doch zum Glück gibt’s am Altmarkt nicht nur Einkaufs- sondern auch Einkehrmöglichkeiten. Eine davon heißt Hühnerhaus und lockt am Eingang mit einem Plaste Otto, der glatt mit Monsieur Dupont verwechselt werden könnte. Das Kabuff neben der Treppe sieht aus wie eine Mischung aus Pförtnerloge und Beichtstuhl und der Großstadtwanderer hat es bisher für eine geschlossene Pommesbude gehalten. Er wäre auch bei dieser Einschätzung geblieben, wenn ihm Hühnerhaus-Chefin Ramona Jeremias nicht die wahre Funktion des Kabuffs als Getränkeausschank für den Biergarten erklärt hätte.
Eine gewisse Lauf- und Kletterfreudigkeit ist übrigens erforderlich, wenn man im Hühnerhaus essen will. Da muss man nämlich per Holztreppe erst mal in die Höhe steigen um ins Lokal zu kommen. Dem bergerfahrenen Großstadtwanderer macht das aber nichts aus und auch die geheimnisvolle Besucherin ist bereit, für ein schmackhaftes Mal gewisse Anstrengungen zu akzeptieren. Selbiges gibt’s dann in einem Ambiente, dass sich als gemütliche Bauernstube mit Holz an Holz und knarzenden Dielen präsentiert.
Da mag man durchaus gerne sitzen bleiben und muss zur Freude des Großstadtwanderers keineswegs nur Hühner essen. Nicht, dass er etwas gegen einen brutzeligen Broiler einzuwenden hätte. Doch der gebratene Wildlachs mit Schmorgurke und Dill–Kartoffelstampf entspricht augenblicklich eher seinen mittäglichen Geschmacksvorstellungen. Die geheimnisvolle Besucherin ist natürlich anderer Meinung und genehmigt sich ein echtes Wiener Schnitzel in Erbsen gebettet plus Butterkartoffeln. Wie üblich schafft sie davon nicht mal die Hälfte und der Großstadtwanderer muss wieder mal über den eigenen Kalorienbedarf hinaus die andere gute Hälfte verdrücken. Da muss natürlich mindestens ein zweiter Schoppen Weißer aus Meißen auf den Tisch und für die geheimnisvolle Besucherin der obligate Kirschsaft zum Abschluss.
Den Espresso gibt’s dann nach einem kleinen Verdauungsshopping wo anders. Schließlich hat Dresden auch noch einige schöne Cafés…